Eine Kritik zu Zhi Wu Xue Jia.
Ein Tannenzapfen treibt den Fluss entlang. Ein kasachischer Junge sammelt Blätter für sein Herbarium. Nach einigen Tagen wird er dabei von einer neuen Freundin begleitet. Ein alkoholkranker Bruder, der sich zurück in die Stadt sehnt und ein sprechendes Pferd. Es ist der erste von vier Filmen am ersten vollen Generation-Kinotag und ich bin nicht bereit für die langen Einstellungen, ruhigen Beobachtungen und Monologe aus dem Off, die den chinesischen Film Zhi Wu Xue Jia von Jing Yi ausmachen.
Ästhetisch schön anzusehen ist Der Botaniker allemal. Mit unaufgeregter Kameraführung werden die beiden Kinder begleitet. Das Publikum bleibt zwar stummer Beobachter statt aktiv in die Handlung einzutauchen, aber wer sich auf das Format einlässt, wird mit wunderschönen Naturaufnahmen und -geräuschen des Nordwesten Chinas belohnt.
Um auch nachhaltig etwas vom Film zu haben und bei der Handlung richtig durchzusteigen, ist allerdings Aufmerksamkeit gefragt. Kinogänger:innen sollten also vor allem eines sein: wach. Die meisten Erzählungen erfolgen aus dem Off, ohne zwangsläufig zu den gerade erscheinenden Bildern zu passen. Stattdessen sind die Inhalte dieser Monologe wichtig, um deutlich später folgende Bilder nachvollziehen zu können. Viele Thematiken werden angerissen und im Verlauf des Films immer weiter vertieft. So wirkt Zhi Wu Xue Jia auf mich wie ein Puzzle, das sich nach und nach zu einem Gesamtbild zusammensetzt.

Mein Problem nach einer anstrengenden Woche bei dieser 9.30 Uhr Vorstellung: ich bin eben gerade nicht wach genug, um alle Puzzleteile mit meinem müden Gehirn verarbeiten zu können. Mir fehlt der Zugang zu Handlung und Charakteren, häufig auch das Verständnis. Als Traumsequenzen immer häufiger werden und deutlich wird, dass ich einige erläuternde Sätze verpasst haben muss, gebe ich schließlich auf und lasse mich gegen Ende vor allem von den schönen Bildern und Klängen berieseln.
Schade ist das vor allem, weil ich noch nicht häufig mit dem Teil Chinas in Verbindung gekommen bin, der sich an der Grenze zu Kasachstan befindet und ein Schmelztiegel verschiedener Kulturen zu sein scheint. Ich möchte gerne in diese Welt eintauchen, mehr über sie lernen, bleibe aber im Kinositz in Berlin zurück.
Auch so ist es insgesamt ein positives Kinoerlebnis, aber es ist fragwürdig, wie viel davon langfristig bei mir hängen bleiben wird.
