Im ersten Moment sieht man nur einen massigen Körper, dann bewegt er sich und man erkennt die entblößten Muskelberge von Julian. Ohne Shirt und mit halb zugedecktem Körper liegt er friedlich da und ahnt nicht, dass Arthur ihn schmachtend beobachtet. Diese erste Szene verrät prompt, dass der Kurzfilm aus der Perspektive des schlaksigen und mit Sommersprossen versehenen Arthur erzählt wird. Eingekuschelt in seiner eigenen Decke, umgeben von einem Nachttisch und dem Gefühl von Nähe, liegt dieser in seinem Bett und himmelt Julian heimlich an.
Die unbeantwortete Liebe Arthurs gegenüber seinem Zimmerkameraden Julian wird mithilfe der mystischen Energie des Schlafes in Szene gesetzt. Zusammen mit der stetigen Dunkelheit der Nacht, dem gut platzierten Licht und der mysteriösen Stimmung fühlt man sich selbst wie in einem Traum. Der Short hat etwas Unechtes, das an Bilder des Fotografen Gregory Crewdson erinnert. Fast schon wie ein Märchen erzählt er eine Geschichte von Zuneigung und Intimität.
Das Gefühl der Nähe zu Julians Körper und der Ferne zu dessen Geist wirkt fast schon unheimlich. Im Schutz des Schlafs erkennt Arthur jedoch die Möglichkeit, sich Julian näher zu fühlen, als er es in Wirklichkeit ist. Sie macht ihm Hoffnung, wo es keine zu geben scheint. Mit dem beginnenden Schlafwandeln, das Julian unterbewusst immer wieder nach draußen zieht, kennt Arthur jetzt sogar ein kleines Geheimnis, das nur er und Julian teilen.
Arthur nutzt die Trance von Julian aus, um seine Gefühle zu offenbaren, die Konsequenzen davon aber nicht tragen muss. „You’re so mean“ oder „Do you think about me at all?” sind dabei eine der wenigen gesprochenen Sätze des Shorts. Die Tiefe des Kurzfilms zeigt sich, wenn Arthur sich danach wieder verschließt und Julian nur weiter beobachtet, um die aufgebaute Freundschaft nicht zu gefährden.
Die rührende Zuneigung Arthurs hat mich fasziniert und auch ein bisschen verzaubert. Wie der Regisseur Connor Jessup im Publikumsgespräch nach dem Screening meinte, soll der Kurzfilm an Momente erinnern, in denen man jemandem, dem man nahesteht, beim Schlafen zuschaut. Das hat er geschafft. Besonders die erwähnte Mischung aus Nähe und Entfernung zur gleichen Zeit wird fesselnd in Szene gesetzt. Ich werde schlafende Freunde durch diesen Short wohl für immer aus einer etwas anderen Perspektive sehen.
