Mina Walking

Seit 1996 befand sich Afghanistan in der Macht der Taliban, die sofort sämtliche Medien verboten – Musik, Sport, Bilder, Fernsehen, nichts davon war mehr erlaubt. Frauen mussten komplett verschleiert herumlaufen, konnten sich kaum frei bewegen.

Als Reaktion auf die Angriffe des 11. September griffen die USA und Großbritannien im Oktober 2001 Afghanistan an und stürzten die Taliban-Regierung. Seither befindet sich Afghanistan im Wiederaufbau, Schulen sollen gebaut und Sicherheit gewährleistet werden. Doch die Taliban arbeiten weiterhin verbittert daran, Afghanistan zurückzuerobern – es herrscht Krieg.

Mitten in dieser Welt spielt „Mina Walking“, ein Film über das Mädchen Mina, das sich nichts sehnlicher wünscht, als dass ihr Vater endlich von den Drogen ablässt und ihr erlaubt, die Schule zu besuchen. Stattdessen muss sie arbeiten, um die Abhängigkeit ihres Vaters zu finanzieren und die Familie, zu der nur noch ein an Alzheimer erkrankter Großvater gehört, über Wasser zu halten. Ihre Mutter war schon vor Jahren von den Taliban ermoredet worden.

© Yosef Baraki

Doch Mina lässt sich von ihrem Vater nicht aufhalten und geht heimlich zur Schule.

Im Dokumentarstil hält dieser Film für zwei Stunden Minas Leben fest. Und das wird immer schrecklicher. Was als eintöniger und deprimierender Tagesablauf beginnt, endet in einer ausweglosen Situation. Mehrfach habe ich mich während dieses Filmes gefragt, warum sie nicht wegrennt. Irgendwo war mir klar, dass sie es allein nicht weit geschafft hätte, aber es war so klar, dass sie einfach nur noch raus wollte. Als ihr schließlich doch der Kragen platzt und sie sich entschließt, ihr altes Leben endlich hinter sich zu lassen, wird ihr Leben noch trister als es ohnehin schon gewesen war.

Die Hauptdarstellerin, Farzana Nawabi, musste im Zuge der Dreharbeiten, die auf öffentlichen Straßen stattfanden, viele Beleidigungen über sich ergehen lassen. Das lag vor allem daran, dass sie ein Mädchen ist und viele Männer sich daran störten, dass sie es wagte, die Hauptrolle in einem Film zu bekleiden. Dennoch ließ sie sich nicht davon abhalten, Mina so wunderbar zu verkörpern, dass der Regisseur sich niemand anderes hätte vorstellen können. Sie wirkt vollkommen authentisch und ungestellt.

Wer nach Unterhaltung und etwas zum Lachen sucht, ist mit Mina Walking definitiv nicht bedient. Stattdessen bietet sich ein erschreckend realitätsnahes Bild der Lebensumstände in Afghanistan, das den Zuschauer dadurch so tief berührt, dass man statt lediglich die Nachrichten zu schauen, ein einziges Mädchen für über zwei Stunden begleitet.

13.02.15, Johanna Gosten
  • Johanna

    Johanna, 24, has been going to Berlinale with her sister since childhood. 2013 she co-founded the Free Generation Reporters. When she's not writing about films within the Generation program and their backgrounds, she sings in a choir and reads one book after the other. Other than that she's pursuing a Master's degree in Nutritional Medicine.

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