"Ich wusste immer, dass ich Bauer werden will"

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A review of Ceres

Koen, Daan, Sven und Jeanine könnten unterschiedlicher kaum sein. Doch eines haben sie gemeinsam. Sie möchten Bauer werden. Mit auffallend schöner Kameraführung stellt uns Ceres vier Kinder vor, die auf dem Bauernhof aufwachsen und eines Tages vermutlich die Betriebe ihrer Eltern übernehmen werden. Wir erfahren, wie einem Hagelsturm vorgebeugt wird, dass auch Äpfel Sonnenbrand bekommen können und dass Abschied nehmen am schwersten ist.

Meine größte Sorge für diese niederländisch-belgische Produktion war, dass die Realität verschönert wird. Und nach den ersten Minuten Nahaufnahmen mit hoher Tiefenunschärfe inklusive Lichtmalereien sah es zunächst auch ganz so aus. Clara und ich, beide vollblütige Veganerinnen, saßen anfangs leicht skeptisch nebeneinander und mussten bei so manch einer Szene oder Aussage wie erwartet die Stirn runzeln.
Meine Meinung zur Einstellung der porträtierten Kinder und ihrer Eltern war dabei vorprogrammiert. Denn natürlich hielten alle es für gerechtfertigt, die Tiere zu schlachten und zum eigenen Nutzen auszunehmen, wie es fast überall auf der Welt üblich ist. Dass mich keines ihrer Argumente überzeugte, dürfte klar sein. Dennoch muss ich Ceres zugute halten, dass nicht davor zurückgeschreckt wurde, die Wahrheit zu zeigen. Hier werden den Tieren vor laufender Kamera die Kehle durchgeschnitten. Hasen werden erschossen. Schweine zum Schlachthof gebracht und auch dort wird das Kamerateam nicht vor die Tür gesetzt, sondern zeichnet vom Messerschleifen über die Blutlachen bishin zum Zucken der sterbenden Tiere alles auf.

Janet van den Brand schafft es, einen guten Einblick in die Landwirtschaft zu geben. Natürlich wird an einigen Stellen für meinen Geschmack zu sehr romantisiert, das Landleben als zu idyllisch dargestellt. Harte Arbeit und frühes Aufstehen wird kaum festgehalten. Nie wird hinterfragt, dass die Schweine es trotz vergleichsweise angenehmen Lebens vermutlich alles andere als schön finden, geschlachtet zu werden. Es ist okay, die Schafe am Boden festzuhalten und ihnen die Wolle zu scheren. Aber eine bessere Darstellung hätte ich von einem nichtvegetarischen oder sogar veganen Filmteam wohl kaum erwarten können. Der Kreislauf, der unsere Landwirtschaft beherrscht, wird vollständig aufgezeichnet. Den Kindern, denen ihr tägliches Fleisch immer nur aus der Packung auf den Teller gelegt wird, wird vor Augen geführt, dass dafür tatsächlich ein Tier gestorben ist. Wie es gestorben ist. Und genau das ist mir wichtig. Leben und Tod gehen in Ceres Hand in Hand. Ein ewiger Kreislauf wird immer wieder vollzogen. Die nächste Generation steht dankenswerterweise in den Startlöchern und auch für uns wird es wieder Bauern geben, die unser Essen erwirtschaften. Denn vor allem heutzutage ist das keine Selbstverständlichkeit mehr.

Ein Dokumentarfilm, dem es gelingt, mit zauberhaften Kameraaufnahmen ein Bild der nächsten Generation an Bauern zu zeichnen und das Leben auf der Farm sehr realistisch darzustellen. Vom Beginn des Lebens bis zum Ende ist hier alles aufgenommen und gibt einen Panoramablick auf eine Welt, die den meisten von uns für immer verborgen bleiben wird.

20.02.2018, Johanna Gosten

„I always knew I wanted to be farmer“

Koen, Daan, Sven and Jeanine could hardly be more different. But they have one thing in common. They want to be farmers. With remarkably beautiful camera work, Ceres introduces us to four children who grow up on the farm and one day will probably take over their parents‘ businesses. We learn how to prevent a hail storm, how apples can get sunburn and that it is hardest to say goodbye.

My biggest worry for this documentary film was that reality is embellished. And after the first few minutes of close-ups with high depth-of-field blur, including light paintings, it looked like this at first. Clara and I, both full-blooded vegans, sat sceptically next to each other at first and had to frown as expected in many a scene or statement. My opinion about the attitude of the children and their parents was pre-programmed. After all, of course, everyone considered it justified to slaughter the animals and to exploit them for their own benefit, as is customary almost everywhere in the world. That none of their arguments convinced me should be clear. Nevertheless, I have to give Ceres credit for not being shy of showing the truth. Here the throat of the animals is slit in front of the running camera. Hares get shot. Pigs are brought to the slaughterhouse and there, too, the camera team is not put in front of the door, but records everything from knife loops and blood pools to the twitching of dying animals.

Janet van den Brand manages to give a good insight into agriculture. Of course, in some places I find it too romanticized for my taste, the country life is portrayed as too idyllic. Hard work and getting up early is hardly recorded. It is never questioned that the pigs, despite a comparatively pleasant life, probably find it anything but beautiful to be slaughtered. It’s okay to hold the sheep on the ground and cut their wool.
But I could hardly have expected a better presentation from a non-vegetarian or even vegan film team. The cycle that governs our agriculture is fully recorded. The children, whose daily meat is always only put on the plate from the pack, are reminded that an animal has actually died for it. How it died. And that’s what matters to me. Life and death go hand in hand in Ceres. An eternal cycle is repeated again and again. Thankfully, the next generation is on the starting blocks and there will again be farmers for us to produce our food. Especially nowadays this is no longer a matter of course.

A documentary film that succeeds in using magical camera shots to draw a picture of the next generation of farmers and to portray life on the farm in a very realistic way. From the beginning of life to the end, everything is recorded here and gives a panoramic view of a world that most of us will never see again.

20.02.2018, Johanna Gosten
  • Johanna

    Johanna, 24, has been going to Berlinale with her sister since childhood. 2013 she co-founded the Free Generation Reporters. When she's not writing about films within the Generation program and their backgrounds, she sings in a choir and reads one book after the other. Other than that she's pursuing a Master's degree in Nutritional Medicine.

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