Der perfekte Tag

A review of „Last Swim“.

Es soll der Tag werden. Ziba hat alles genauestens geplant. Endlich wieder eine richtig schöne Zeit mit ihren Freund:innen verbringen, ihre Sorgen hinter sich lassen, für einen Tag jung sein. Zunächst die Zeugnisse, dann ein unbeschwerter Tag voller schöner Momente mit krönendem Abschluss im Kometenschauer, der an der Erde vorbeizieht. 

Doch da ist noch etwas anderes. In der Art wie Ziba sich dem Tag wappnet, wie sie sich in ihrem Zimmer umsieht, als wäre es das letzte Mal, noch einmal die Bettdecke glattstreicht. Diese Schwere, diese Bedrohung schwingt mit, als sie sich auf den Weg macht. Während sich für den Zuschauenden schnell der Hintergrund dieser Bedrückung ergibt und eine böse Vorahnung aufkommen lässt, wissen Zibas Freund:innen nicht, was los ist, warum Ziba sich die letzten Wochen kaum hat blicken lassen. Doch auch sie ahnen, dass da etwas ist, was Ziba ihnen verschweigt. 

Authentisch porträtiert Regisseur Sasha Nathwani 24 Stunden im Leben der Jugendlichen. Dieses Gefühl der Freie nach dem Schulabschluss, dass man alle Zeit der Welt hat und diese gerne mit den engsten Freund:innen teilt, während auf die meisten von ihnen vermutlich keine rosige Zukunft wartet. Während Ziba alles durchstrukturiert hat, lassen sich ihre Freund:innen eher treiben, folgen ihren Vorschlägen. Ziba, anfangs durch Planänderungen schnell aus dem Konzept gebracht, taut über die Zeit auf, wird entspannter, lässt sich darauf ein, dass Dinge anders geschehen, als sie es sich vorgestellt hat. Gleichzeitig wird deutlich, dass sie nicht nur im Hier und Jetzt ist, sondern immer wieder andere Dinge im Kopf hat. Die Kamera fängt diese Zwiespältigkeit in Ziba mit besonderer Feinfühligkeit ein.

© Caviar, Pablo & Zeus

Durch intensive Nahaufnahmen sowie Zeitsprünge, die anfangs nicht recht einzuordnen sind, wird jedoch das Bedrohungsgefühl immer weiter verstärkt. Darüber legt sich die Leichtigkeit der Jugendlichen, untermalt durch die warmen Farben, in denen der Film gehalten ist. Eine bemerkenswerte Dualität zwischen Wärme und Bedrohung. 

Die Charaktere sind nahbar, schnell schließt man sie ins Herz. Es wird ein Bild von bemerkenswert sanften und aufmerksamen Freundschaften gezeichnet. Zwar wissen ihre Freund:innen nicht, was mit Ziba los ist, doch sie sind für sie da, alle auf ihre besondere Art und Weise. Die Charakterdarstellung erfolgt nie von oben herab, sondern mit höchstem Respekt und strahlt auch aufs Publikum aus. Den Charakteren wird eine Tiefe verliehen, die über herkömmliche Darstellung von Jugendlichen weit hinaus geht. Es ist diese Ambivalenz zwischen jugendlichem Spaß auf der einen Seite und dem tiefen Bewusstsein für die großen Fragen und Unsicherheiten, wie es weitergeht, die den Film so berührend machen. Auch die Beziehung zu ihrer alleinerziehenden Mutter, die alles für Ziba tun würde, nimmt einen besonderen Raum ein, lässt diesen Film aufscheinen. 

Alles in allem ein sehr gelungener Film, der es auf bemerkenswerte Weise schafft, ein unterschwelliges Bedrohungsgefühl mit einer gewissen Leichtigkeit zu kombinieren und klar aufzeigt, dass nicht alles immer nur schwarz und weiß ist. „Last Swim“ eroberte die Herzen des Publikums im Sturm, brachte es zum Lachen, zum Weinen, zum angespannten Mitfiebern. Ein wahrhaft gelungener Auftakt für die diesjährige Berlinale 14Plus und ein Film, den ich jedem/r ans Herz legen würde. 

  • Sarah

    Bereits als Kind besuchte Sarah mit ihrer Mutter und Schwester gemeinsam die Berlinale. Seitdem ist Berlinale Generation ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens. Im Rahmen des Berlinaleprojekts "Junge Journalisten" konnte sie erste Festivalluft schnuppern. 2013 gründete sie mit weiteren Berlinaleenthusiast:innen die freien Generation Reporter:innen. Außerhalb der Berlinale studiert Sarah aktuell im Master in Aachen, spielt E-Bass in einer Band und geht wahnsinnig gerne bouldern.

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