Tag: 14plus

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Das Ungeheuer finden

Eine Kritik zu Almamula English version here Almamula. Nach einer nordargentinischen Legende eine Frau, die ohne Reue lebte, Inzest betrieb und Sex mit Männern und Frauen aus ihrem Dorf hatte. Von Gott verflucht und in ein Ungeheuer in Gestalt eines Maultiers verwandelt, streift sie nachts durch den Wald und die Berge, fängt sündigende Menschen und tötet mit einem einzigen Tritt. Der zwölfjährige Nino ist in seiner Heimatstadt in Nordargentinien homophoben Hänseleien ausgesetzt, weswegen seine Familie kurzerhand beschließt über den Sommer aufs Land zu ziehen, wo sein Vater einen Job als Waldarbeiter hat. Fernab von der Stadt und alten Freund:innen müssen sich Nino, seine Schwester Natalia und die Eltern in der ländlichen Hitze zurechtfinden. Doch zwischen schwitzigen Tagen am Pool und...
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Auf der Suche nach dem passenden Ort

Eine Kritik zu Adolfo Ein Kaktus, der nicht sprechen kann, sagt manchmal viel mehr aus, als es Gespräche je tun könnten. In Adolfo, benannt nach eben jener Pflanze, ist Adolfo, der stumme Kaktus, unser Anker in dieser süßen Coming of Age Geschichte. Und doch geht es eigentlich eher um Hugo und Momo, um ihre Nacht, Erlebnisse und Geschichten. Von Geburtstagsfeiern über Ex-Freunde und gestohlene Radios bis schließlich nach Hause, oder eben zu einer Busstation. Ein zufälliges Treffen Momos und Hugos, die beide eigentlich in unterschiedliche Richtungen müssen, entwickelt sich als Roadmovie innerhalb eines Ortes, präsentiert diesen dabei nicht nur in wundervoll, ölig-farbigen Bildern, sondern strickt drumherum auch noch eine sentimentale Coming of Age Geschichte. Obwohl, oder gerade weil ...
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„Und was hast du in deiner Zukunft vor?“

Ein Kommentar zu Strana Sasha Mit dieser Frage endet der Spielfilm und man bleibt erst mal noch ein paar Sekunden im Saal sitzen und überlegt sich eine angemessene Antwort auf die Frage. Was genau sind eigentlich meine Pläne? Kann man darauf überhaupt eine richtige Antwort geben, denn Pläne und Vorstellungen für die Zukunft ändern sich ständig. Und ist es überhaupt so wichtig immer eine Antwort zu haben? Das fragt sich auch Sasha, der am Ende seiner Schulzeit ist. In dieser Zeit stellen alle Erwartungen an einen. Was hast du mit deinem Leben vor? Was wirst du arbeiten oder was wirst du studieren? Ab diesem Zeitpunkt gehen alle davon aus, dass man schon genau weiß, was man machen möchte. Doch wenn man das noch nicht so genau weiß, so wie Sasha, dann schauen einen die Leute verwundert a...
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Seinen Platz finden

Ein Kommentar zu den Kurzfilmen 2 im 14Plus Programm Die Kurzfilme 2 von 14plus zeigen sechs vielfältige Filme, die sich alle mehr oder weniger mit dem Thema „seinen Platz finden“ beschäftigen. Besonders berührt haben mich davon drei Filme: Nothing to see Mit wunderbar komponierten Bildern zeigt Regisseur Nicolas Bouchez die Verlassenheit einer portugiesischen Kleinstadt. Der Filmstudent, der während eines Auslandssemester einen Film machen wollte, überlegte sich die ausgestorbenen Straßen vor seiner Haustür auf ästhetische Weise auf die Leinwand zu bringen. Und das gelingt ihm mit einer erfrischenden Leichtigkeit. Sei es wegen des Lockdowns oder wegen der Hitze im Sommer, mehr als leergefegte Straßen, Flugzeuge, die dicht über dem Himmel rauschen oder einen kleinen Jungen, der alleine...
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Weibliche Lust

Eine Kritik zu Tytöt Tytöt Tytöt - Schrill, laut, aufgedreht. Brilliant. In Tytöt Tytöt Tytöt treffen drei eigenwillige, selbstbestimmte junge Frauen aufeinander, die während des kalten, dunklen finnischen Winters versuchen, sich selbst, die Liebe, aber auch ihre sexuelle Lust besser zu verstehen. Rönkkö ist sich unsicher, ob etwas mit ihr nicht stimmt. Ihre sexuellen Begegnungen befriedigen sie nicht und sie fragt sich, wie und ob sie diese sexuelle Befriedigung überhaupt erreichen kann. Mimmi ist völlig überfordert von den Gefühlen, die sie auf einmal für die ehrgeizige Eiskunstläuferin Emma empfindet. Eine Beziehung, die sie unfassbar glücklich macht, aber auch an ihre Grenzen bringt; sie Angst verspüren lässt durch diese ungekannte Intensität der Emotionen. Emma im Gegenzug arbeite...
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Hip-Hop für den Schulabschluss

Eine Kritik zu Allons Enfants-english version here Die Turgot Schule mitten in Paris ist keine gewöhnliche Schule. Hier bekommen die Schüler:innen neben ihrem Unterricht auch eine Hip-Hop Tanzausbildung, bereiten sich auf nationale Wettbewerbe vor und lernen sich durch den Tanz auszudrücken. „Allons Enfants“ begleitet dokumentarisch acht Schüler:innen mit unterschiedlichsten Hintergründen, die ihren Alltag an der Schule verbringen. Die beiden Co-Regisseure Thierry Demaizière und Alban Teurlai legen in ihrer Dokumentation ein besonderes Augenmerk darauf, dass die Turgot Schule Jugendlichen aus allen sozialen Schichten die Möglichkeit gibt, ihrem Determinismus zu entkommen und einen Schulabschluss zu machen. Denn die Bedingung weiterhin die Tanzausbildung zu bekommen ist auch das Erreichen...
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„It’s all me“

Ein Kommentar zu Beba - Ich glaube, dass nichts, was ich hier schreibe, auch nur ansatzweise dem gerecht werden kann, was Rebeca Huntt in Beba geleistet hat. Dennoch habe ich das Bedürfnis, meine Gedanken zu dem Film zu Papier zu bringen, und zu versuchen, zu vermitteln, was dieser Film in mir ausgelöst hat. © Sheena Matheiken Grobkörnige Kamerabilder, Ausschnitte auf 16mm Film, künstlerische Filter und Klänge, Gedichte, Hip Hop. Eine Collage. Untermalt von Rebecas Stimme. 79 Minuten Film über ihr Leben. Acht Jahre Arbeit, um ihre Gedanken, Emotionen, einfach alles, was sie an persönlicher Entwicklung durchgemacht hat, in ein Medium zu bringen, um zu vermitteln, wie es ihr geht, wie sie mit ihrer historischen Last als Afro-Latina umgeht, wie sie ihren Platz in der Gesellschaft wah...
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Experimentelles Selbstportrait

Eine Kritik zu Beba Beba ist das Selbstportrait von Rebeca Huntt - von ihrer Mutter titelgebend „Beba“ genannt -, einer Künstlerin, die in New York lebt und aufwuchs. Unter anderem von Familienherkunft und Erwachsenwerden erzählt Beba, ist dabei experimentell in seiner Struktur und altmodisch schick in seiner 4:3 35mm Präsentation. Als Dokumentation und/oder Essayfilm funktioniert das sehr gut, so ist Beba innovativ, interessant und informativ als Bild des Aufwachsens in einer solchen Multi-Millionen Metropole. Das Beba in verschiedene Abschnitte eingeteilt ist, die sich jeweils mit verschiedenen Unterthemen auseinandersetzen, ist einer der - wenn nicht sogar der beste Schachzug des Filmes. So bleibt man als Zuschauer*in trotz eventuell aufkommender Langeweile - eventuell auch aufgru...
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Mit Musik lässt es sich besser sagen

Eine Kritik zu Sublime Manuels Leben ist unaufgeregt. Das denkt der junge Argentinier, der in einer Band spielt, jedenfalls. Doch als er anfängt, Gefühle für seinen Freund Felipe zu entwickeln, begibt er sich auf eine Gefühlsreise, während welcher er sich Grundsatzfragen des Erwachsenwerdens - um welche es kein Drumherum zu geben scheint - stellen muss. Während bei so manch einem Film im Generationswettbewerb der letzten Jahre durchaus berechtigt die Frage aufkommt, wie sich eine solche Geschichte in die Jugendsektion der Berlinale verirrt hat - beispielsweise Jumbo im Jahre 2020, in welchem eine junge Frau eine Beziehung mit einer Attraktion in einem Themenpark eingeht (ein großartiger Film auf vielen Ebenen, doch als Jugendfilm eventuell etwas ungeeignet) - ist Sublime das genaue Gegent...
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Kalles Kosmos

Eine Kritik zu Kalle Kosmonaut - Ich möchte was erreichen, nicht so wie die am Alex. Ein Junge, Kalle, sitzt unter einem Baum und denkt darüber nach, was er mit seinem Leben anfangen möchte, wo er seine Zukunft sieht. Doch Kalle hat es nicht so gut wie andere Kinder oder Jugendliche in seinem Alter. Er kommt aus einem sozial eher schwach aufgestelltem Umfeld, die Mutter lange Zeit alleinerziehend, muss viel arbeiten, um das Leben der beiden finanzieren zu können. Seine Heimat sind die rohen Plattenbauten am Rande Ostberlins. Hier wird berlinert, Kleidung von der Straße aufgeklaubt, die Zeit nach der Schule größtenteils draußen auf der Straße verbracht. © Günther Kurth Über 10 Jahre fängt die Dokumentation von Tine Kugler und Günther Kurth das Heranwachsen von Kalle ein. Wie er bereits a...