Sieger sein

Mit einer Vielzahl an Emotionen und Gänsehautmomenten eröffnet der Kinderfilm „Sieger sein“ die diesjährige Kplus Sektion. Der autobiographisch geprägte Film handelt von der elfjährigen Mona und ihrer Fußballmannschaft, die versuchen das Berliner Fußballtournier der Schulen zu gewinnen. Der Film ist nicht nur eine Hommage an einen ehemaligen Lehrer der Regisseurin Soleen Yusef, sondern bietet auch eine Bühne für Themen, die viele Kinder beschäftigen. Monas Fluchtgeschichte und Erfahrungen spielen dabei eine große Rolle. Die Probleme, Sorgen und Ängste werden dabei auf Augenhöge betrachtet und ernst genommen. Dabei wird kein ,,Opfernarrativ” bestätigt, sondern die Stärke und Willenskraft von Monas Identität hervorgehoben. Denn hinter dem Tournier steckt nicht nur das Ziel zu gewinnen, sondern auch eine Gemeinschaft zu schaffen. Monas Welt dreht sich um viel mehr, als den Fußball. Denn ihre Lebensrealität wird seit langer Zeit durch die globalen Konflikte bestimmt.

Mona ist aus Sicherheitsgründen mit ihrer Familie aus Syrien geflüchtet. Dort lässt sie ihre geliebte Tante Helin, die Vorort Widerstand leistet, und ihre Freunde zurück. Auch den Fußball muss sie vorerst aufgeben. Von klein auf musste sie um ihre Leidenschaft kämpfen. Für sie bedeutet der Fußball nicht nur, dass sie dem Ball hinterherrennt, sondern viel mehr. Es geht ihr dabei um die Hoffnung. Die Hoffnung auf ein Tor. Die Hoffnung auf den Sieg.

In Deutschland, Berlin Wedding, fällt es Mona schwer wieder mit dem Fußball anzufangen. Die miserable Situation der Schule ist nur ein Teil dieser Gründe. Dort gibt es nicht mal ansatzweise eine Struktur. Selbst die Lehrkräfte haben keine Kontrolle über Situation. Das Chaos führt zu Monas Ausgrenzung und auch andere Mitschüler leiden täglich unter diesen Umständen.

Herr Che, der letzte engagierte Lehrer der Schule, bringt die Hoffnung zurück. Durch seine Unterstützung findet Mona ihren Platz im Fußballteam. Doch auch dort bilden sich viele kleine Grüppchen die verbal, körperlich und mit Zerstörungswahn aufeinander losgehen. Die eigentlichen interessanten Konflikte und Schwierigkeiten der einzelnen Mitschüler*innen werden dabei leider nur am Rande angerissen.

Das Verständnis von Gemeinschaft kristallisiert sich erst nach einer gewissen Zeit heraus. Dabei spielt Mona eine entscheidende Rolle, weil sie bereit ist für den Sieg zu kämpfen. Die Mannschaft beginnt zusammen zu arbeiten und kassieren dabei einige Siege. Doch sobald die Mädchen verlieren, kommen die Konflikte zurück. Sie weisen sich gegenseitig und besonders Mona die Schuld zu. Dieser Aspekt zeigt sehr deutliche Strukturen der Gesellschaft auf: Es ist immer einfach zusammen zu gewinnen, aber gemeinsam unterzugehen bleibt weiterhin schwierig. Deshalb lässt sich auch der weitere Verlauf des Filmes aus verschiedenen Perspektiven betrachten. Dass die Mädchen sich erst durch ihre zweite Chance als Team im Finale des Turniers beweisen können, verwirft die Möglichkeit ein alternatives Ende zu bieten. Gemeinsam zu verlieren, hätte einen ganz anderen Blickwinkel auf das Siegen werfen können. Denn vielleicht bedeutet es zu Siegen, dass sie gemeinsam zusammen gewachsen sind. Auf der anderen Seite ist die Stimmung und Überwältigung in der Szene, in der sie gemeinsam wieder zusammen finden, mehr als ausdrucksstark.

Die Unterstützung und Warmherzigkeit innerhalb Monas Familie zeigen einen tiefen Einblick in ihre Gefühlswelt. Monas Vater nimmt eine kleine und interessante Rolle ein. Zu Beginn des Films wird er genau in einem Satz erwähnt. Doch in einem Rückblick aus Syrien, in der die Familie im Auto sitzt und flüchten will, zeigt sich sowohl der Einsatz des Vaters für seine Familie, also auch der existenzielle Aspekt ,,Fußball” für seine Tochter. Denn Mona möchte unbedingt ihren eigenen Fußball, ein Geschenk ihrer Tante, mitnehmen. Ihr Vater nimmt den ganzen Mut zusammen, springt aus dem Auto und versucht den Ball zu hohlen. In dieser Szene wird die Familienkonstellation sehr deutlich dargestellt und die Zerrissenheit zwischen Sicherheit und Heimat ins Wanken gebracht.

Die Handlung des Filmes ist sehr einfach gestrickt, wird aber durch die Komplexität der Figuren mehr als kompensiert. Mona und ihre Mitschüler*innen lernen viel und entwickeln sich im Laufe des Films auf eine authentische Weise immer weiter. Soleen Yusef versucht nicht nur ihrer persönlichen Geschichte Raum zu geben, sondern auch die heutige Realität von Kindern mit Fluchtgeschichte zu betrachten. Eine gelungene Eröffnung mit spürbarer Hoffnung!

  • Zaide E.

    Zaide (16) liebt alles was mit Geschichten und Theater zu tun hat. Deshalb ist sie auch ein Teil der Freien Generation Reporter:innen, um sich  intensiv mit Filmen auseinanderzusetzen. Sie macht gerade ihr Abitur und erfreut sich an allen kreativen Aufgaben, die sich ihr in den Weg stellen.

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