Wenn ich die Augen zumache, versprichst du mir, dass du nicht verschwindest?

Eine Kritik zu Quell´estate con Irène von Anna-Farida

Italien, 1997: Eine Insel, das Meer, blasse Pastelltöne, Sonnenschein, Klavier Klimpern und Pfeifen einer hohen Flöte, während zwei junge Frauen Hand in Hand den Weg hinunterlaufen… 

Clara und Irène leben die stille Atmosphäre, träumen von Liebe und tun das, was sie die letzten Jahre verpasst haben, einen ganz normalen Sommer als Jugendliche erleben. Abseits von Krankenhäusern und Therapien entschließen sie sich dazu, diesen Sommer allein auf einer Insel vor der Küste Siziliens zu verbringen. 
Als alle ins Wasser springen, bleiben Clara und Irène zurück, eingepackt in Kleidung, Hut und Sonnenbrille. Sie scheinen nicht ganz hineinzupassen. Als sie gefragt werden, was mit ihnen los sei, antwortet Irène: “Wir sind Vampire” und beide lachen. 

Zwischen Gesichtern, wo man das wortlose Verständnis vernehmen kann, Beobachtungen, humorvollen Momente, erzählt „Quell´estate con Iréne“ eine Geschichte von einer tiefen Freundschaft zweier junger Frauen, die durch eine Krankheit verbunden sind. 

Die Stimmung, die der Film schafft, lässt einen komplett runterkommen, wie, als würde man selbst gerade Ferien machen. Die Zeit vergeht langsam und es passiert recht wenig, auf jeden Fall was man zuerst bemerkt. Mit wenig Dialog und mehr physischer Kommunikation zeichnet sich die Beziehung zwischen Clara und Irène aus. Diese entwickelt sich im Laufe des Filmes immer weiter und obwohl die beiden so unterschiedlich sind, entsteht eine starke Bindung zwischen den beiden. Was wie ich finde die Geschichte so schön macht. 

Durch diese stille Erzählweise wird jedoch keine wirkliche Spannung aufgebaut und alles passiert sehr langsam, was mich ein wenig ungeduldig auf einen Plot Twist warten lässt. Im Publikumsgespräch nach der Vorführung wird erklärt, dass diese Stille und die Zeit zwischen den Dialogen das Publikum dazu anregen soll sich mit der Geschichte zu identifizieren und sich eigene Gedanken zu machen. Wenn ich jetzt im Nachhinein darüber nachdenke, hat das teilweise schon funktioniert, denn man hatte viel Zeit das Gesehene aufzunehmen und zu verarbeiten. Dennoch hat mir die Spannung etwas gefehlt. 

Während des schauen des Filmes, fällt schnell auf, dass besonderen Wert auf die visuelle Gestaltung gelegt wurde. Vor allem stechen die einzigartigen Kameraeinstellungen raus. Häufig sieht man das Geschehen frontal, welches ein eher statisches distanziertes Betrachten betont. So bekommt man einen Eindruck von der besonderen Welt, in der sich Clara und Irené befinden. Diese besteht aus der Atmosphäre der Umgebung aber auch von den Gefühlen der Charaktere und deren Interaktionen. Um diese helle, nostalgische Atmosphäre zu schaffen, werden sanfte Pastellfarben verwendet. So ist es ein visuell ansprechender Film, der es mir ermöglicht, in die Welt der beiden Jugendlichen einzutauchen. 

Noée Abita, Maria Camilla Brandenburg

Clara: “Es hat heute geregnet also scheint morgen die Sonne” 
Irène: “So einfach ist das nicht” 

Der Hintergrund der Geschichte von zwei Jugendlichen, die aufgrund ihrer Krankheit viele Schlüsseljahre verpasst haben, basiert auf Interviews mit Menschen, die dieselbe Diagnose wie die zwei Hauptcharaktere haben. Durch den gesamten Film ziehen sich Themen wie das Anderssein, der Wunsch nach Normalität und die Angst vor einem Rückfall. 

Der Film bietet neben seiner ruhigen Stimmung auch eine Menge Humor, der sowohl durch die Musik als auch durch die Art der Inszenierung und lustige Szenen zum Ausdruck kommt. Man sieht die beiden beispielsweise, wie sie mit ihrer VHS-Kamera Personen filmen und dabei selbst den Ton machen, oder wie Irène ganz unerwartet ihre Vampirzähne zeigt. Der Running Gag, dass sie Vampire seien, wird immer wieder aufgegriffen und spielt darauf an, dass die Sonne für beide gefährlich ist. Auf diese Weise wird ein schwieriges Thema humorvoll verarbeitet. Auch interessant ist, dass der Film trotz der Problematik mit der Sonne im Alltag der Protagonisten von Helligkeit und Sonnenschein nur so strotzt. 

Der italienisch, französische Film “Quell´estate con Irené” von Carlo Sironi hat mich zwar nicht komplett vom Hocker gehauen, ist aber aufgrund der schönen Geschichte der zwei Freundinnen, der besonderen Atmosphäre und Erzählweise, die stille Kommunikation und Humor miteinander verbinden, definitiv sehenswert. 

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