Jahr: 2023

Erinnerungen an Wüsten
Interview, Kritik

Erinnerungen an Wüsten

Ein Rückblick auf die Berlinale 2023. Heute vor einem Monat war der letzte Tag der 73. Berlinale. Ich sitze auf dem kleinen Balkon eines Hotelzimmers in der Nähe von Zagora im Süden Marokkos. Das Mittagsgebet hallt kratzig durch die Lautsprecher des Minaretts und wird von den umliegenden Bergen zurückgeworfen. Ich blicke auf die Hauptstraße und den dahinter liegenden riesigen Palmenhain, der sich entlang des Wadi Draa Flusses bis zu den angrenzenden Bergen und der dahinter liegenden Erg Chigaga Wüste erstreckt. Die Sonne scheint erbarmungslos auf die ausgetrocknete Landschaft - die Berlinale und dieser kalte Februar könnte sich nicht weiter entfernt anfühlen. Also was ist da noch in meinem Kopf von der diesjährigen Berlinale? Was hat sich da festgesetzt und will auch keinen Platz mach...
Dreameater
Interview

Dreameater

After the premiere of Míng tian bi zuo tian chang jiu (Tomorrow Is a Long Time) I was intrigued by the process of making this film and the thoughts behind it. Thankfully, director Zhi Wei Jow stayed until the end of the festival and took some time out of his day to answer some of my most burning questions about his debut feature film. Freie Generation Reporter:innen: You were here in 2017 for the Talent Project Market. How does it feel to be back? Zhi Wei Jow: It’s amazing. When I was here in 2017, I watched a lot of films and realized that Berlin has such beautiful cinemas. I’d just been editing on a small laptop. So, seeing my film here on the big screen for the first time was such a moving experience. FGR: What has your favorite moment at Berlinale been? ZWJ: There are many things bu...
Welcome to Country
Interview

Welcome to Country

It’s Thursday afternoon, two days before the Generation Kplus award ceremony. Jub Clerc (director of Sweet As) takes some time out of her day to talk to Konstantin and me about her debut feature film that captures the coming-of-age experience of an Indigenous girl called Murra. Freie Generation Reporter:innen: Congratulations on your debut feature film. How does it feel? Jub Clerc: *jokes* It’s no big deal! But in all honesty – Berlinale is like the Mecca for filmmakers, you just want to get here. There are a couple of festivals around the world, that everyone wants to get their film to. So when we heard we got into Berlinale it was the best news and we are so happy to be here. And the audiences are incredible. I never imagined that it would translate so well over here. But something is h...
Okay, kiddo
Kritik

Okay, kiddo

Genau wie in Hollywood rast der klapprige, alte Chevrolet mit Lu und ihrer Mutter über die Landstraße. Bonny und Clyde. Kiddo und Mom. Als die elfjährige Lu eines Tages eine SMS bekommt, steht kurz darauf ihre Mutter in der Tür des Kinderheims und lädt sie auf einen verbotenen Roadtrip ein. Hin- und hergerissen zwischen dem Alltag und seinen Regeln und der Sehnsucht nach ihrer Mutter, stürzt sie sich ins Abenteuer. Aber heute Abend sind wir aber wieder zurück?! Natürlich nicht.© Studio Ruba„Die wirklich guten Filme sind in schwarz-weiß“, erklärt Mutter Karina. Sie selbst hat Lu natürlich nur verlassen, um ihre Karriere in Hollywood zu verfolgen. Hollywood greift „Kiddo“ thematisch und in seinem Stil immer wieder auf und nutzt es, um auf spielerische Art durch Lus Augen auf die Welt zu blic...
Weiblichkeit im Krieg?
Kritik

Weiblichkeit im Krieg?

Eine Kritik zu Darvazeye Royaha. Vielleicht noch etwas naiv trifft Negin Ahmadi die Entscheidung nach Syrien zu reisen und den Krieg der Kurd:innen hautnah mitzuerleben. Sie interessiert insbesondere die Rolle der Frau in solch kämpferischen Auseinandersetzungen. Wie drückt sich Weiblichkeit im Krieg aus? Warum sind die Frauen bereit, ihre Leben zu riskieren, um zu kämpfen? Um Antworten auf diese Fragen zu finden, lebt Negin über Monate mit Soldatinnen der Volksverteidigungseinheit YPG zusammen, wechselt häufiger mal die Lager, vielfach abhängig davon, was ihr die Leitung der Miliz erlaubt. Negin ist bei Einsätzen mit dabei, muss zunächst einmal selber lernen, wie sie mit einem Gewehr umzugehen hat. Während sie fremde Truppen angreifen, hockt sie neben den anderen Kämpferinnen in Deckung...
Die Bienenkönigin
Kritik

Die Bienenkönigin

Ein Kommentar zu 20.000 especies de abejas. Als wir am Samstagmittag die Cross Section Vorstellung von 20.000 especies de abejas von Estibaliz Urresola Solaguren sehen, ist Hauptdarstellerin Sofía Otero noch nicht mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet. Aber uns ist klar, dass ihre Performance preisverdächtig ist. Otero verkörpert das achtjährige Transmädchen Lucía. Der Film fängt die Familiendynamik ein, die es Lucía schwer macht, sie selbst zu sein. Ihre Mutter möchte ihre Kinder fernab von stereotypischen Geschlechterrollen aufziehen, lässt ihre Tochter also mit langen Haaren und lackierten Nägeln herumlaufen. Aber dass das Kind, das sie bei der Geburt Aitor nannte, tatsächlich ein Mädchen sein könnte, ist für sie unbegreiflich, wie oft Lucía auch versuchte, ihr das zu sagen. Lediglich L...
A life-changing journey
Kritik

A life-changing journey

A comment on Sweet As. German version here. It is a colorful group gathered in front of the bus to set off on a journey together. Murra, who can no longer stay with her drug-addicted mother. Sean, who keeps thinking about killing himself. Kiley, who is being abused by her boyfriend. And Elvis, who is not the same after an earlier incident. The two supervisors know what they are getting into, and yet it is not easy for them to get a grip on these four teenagers. The purpose of the trip is a photo safari, where the teenagers learn to express themselves with a camera in their hands. © Nic Duncan / Arenamedia Pty Ltd Sweet As is inspired by director Jub Clerc's own story. Just like protagonist Murra, she discovered her love for photography and film during one such photo safari for at-risk you...
Ein filmreifes Publikumsgespräch
Hintergrund

Ein filmreifes Publikumsgespräch

Mittwoch Abend. “My ne zgasnemo” (auf Englisch: “We Will Not Fade Away”) feiert seine Premiere. Dokumentarisch begleitet der Film Jugendliche, die im Donbass groß geworden sind. Als der Krieg dort 2014 ausbrach ware sie nicht älter als elf. Vier der im Film gezeigten Jugendlichen sind heute Abend vor Ort, zu Zweien ist der Kontakt verloren gegangen, als Russland mit dem Angriffskrieg auf die Ukraine begann. Als Zeichen halten die Jugendlichen eine ukrainische Flagge. Was sich uns nun bietet ist ein wahres Schauspiel, ein Aufwallen tiefstverstörter Emotionen gepaart mit einer Absurdität, die man sich kaum hätte ausdenken können. Von Anfang an ist die Stimmung angespannt, aufgeladen. Die Moderatorin eröffnet recht schnell die Fragerunde an das Publikum, um dann immer wieder Leuten das Wor...
Eine farbenfrohe Utopie
Kritik

Eine farbenfrohe Utopie

Eine Kritik zu Aatmapamphlet Wie bei so vielen Filmen des diesjährigen Generationsprogramms erwarte ich von Aatmapamphlet zunächst nicht viel. Mir fällt es schwer, einen Zugang zu den Filmbeschreibungen zu finden, es gibt kaum Filme, die ich unbedingt sehen möchte. Da Aatmapamphlet perfekt in meinen Zeitplan passt, habe ich mir dennoch ein Ticket geholt. Nachdem ich letztendlich doch von allen 10 Filmen, die ich bisher sehen konnte, überzeugt worden bin, hätte es mich eigentlich nicht überraschen dürfen: Aatmapamphlet ist ein absoluter Hit. Nicht nur ich fühle mich von Anfang bis Ende abgeholt. Der Applaus bei der Premiere im Zoopalast findet kaum ein Ende. Das Publikum ist restlos begeistert von dieser Komödie, die es schafft, eine ernste Situation hinreißend utopisch darzustellen. Aatmap...
„I stopped believing in the power of cinema“
Interview

„I stopped believing in the power of cinema“

"My ne zgasnemo (We Will Not Fade Away)" is the new documentary of award-winning Ukrainian director Alisa Kovalenko and premiered at the Berlinale 2023 in the Generation 14+ section. Her film closely follows the lives of five teenagers in the embattled Donbass region just before the Russian invasion in February 2022.    © Alisa Kovalenko Freie Generationen Reporter:innen: Alisa, after the Russian invasion, you decided to join the armed forces of Ukraine and fight at the frontline. When and why did you decide to go back to working on your documentary? Alisa Kovalenko (Director): After the Russian invasion, I stopped believing in the power of cinema. I felt useless as a documentary directory. My entire system collapsed, and ...