Mein Leben in Deinen Händen

Auch ohne mein Vorwissen aus der Filmbeschreibung ist die Dringlichkeit der Situation von der ersten Minute an klar. Maryam (Sadaf Asgari) wird in Handschellen ins Fernsehstudio gebracht, für den Dreh fertig gemacht und muss warten. Warten auf eine Live-Übertragung, die über ihr Leben entscheiden wird. Denn nur die Tochter ihres verstorbenen Ehemannes hat die Fähigkeit, ihr zu vergeben und so vor der Hinrichtung zu retten, zu der sie wegen des anscheinlichen Mordes an ihrem Ehemann verurteilt wurde.

Massoud Bakhshis Film Yalda, la nuit du pardon erzählt die Geschichte einer jungen Frau, die alles verloren hat und deren Leben nun zur Unterhaltung von 30 Millionen Menschen im Fernsehen genutzt wird. Inspiriert ist dieses Drama von einer echten Fernsehsendung, die 12 Jahre lang im Iran ausgestrahlt wurde und nun glücklicherweise eingestellt wurde.

Es ist schwierig mit anzusehen. Während man Maryam beim nervösen Warten zusieht, kommt man nicht umhin, ebenfalls nervös zu werden. Ohne zu zögern möchte man an ihre Unschuld glauben und ist auf ihrer Seite, leidet bei ihren emotionalen Ausbrüchen mit und ist sich schmerzlich bewusst, dass es für die sympathische Protagonistin um Leben und Tod geht. Als Gegenpart dazu die sehr gefasst und bitter wirkende Mona (Behnaz Jafari), die als Antagonistin von Maryam auch zum Gegner der Zuschauer*innen wird.
Das Publikum der Fernsehsendung erfährt nur etappenweise, was sich in der Nacht der Tat abgespielt hat und wie sich die Situation entwickelt und genau so ist es für die Zuschauer*innen des Filmes. Am Anfang gibt es einen chaotischen Haufen an Informationen und Eindrücken, die ein grobes Puzzle ergeben, aber erst im Laufe der Geschichte bekommen wir die nötigen Puzzleteile, um ein klares Bild erkennen zu können.

Gleich mehrere Wendepunkte gibt es, doch obwohl die Handlung auf einmal in eine andere Richtung zu gehen scheint, weiß man doch nie, in welche Richtung es zuvor überhaupt ging, geschweige denn anschließend geht. 90 Minuten lang gibt es kein Aufatmen. Die Wendepunkte spitzen die Geschichte eher zu als Erleichterung zu erschaffen und das drückende Gefühl auf meinem Herzen wird mit jeder Minute schwerer.

Yalda, la nuit du pardon regt an, darüber nachzudenken, was echtes Vergeben bedeutet. Dieser Film wirft Licht auf die Schattenseiten des Fernsehens, lässt einfühlen in die Beteiligten vor der Kamera als Person, nicht als Unterhaltungsobjekt. Macht aufmerksam auf die Situation der Frau und die fortbestehende Todesstrafe im Iran. Ein überaus sehenswerter Film.

Bildquelle: © JBA Production

25.02.2020, Johanna Gosten
  • Johanna

    Johanna, 24, geht schon seit sie denken kann mit ihrer Schwester auf die Berlinale. 2013 wurde sie zum Gründungsmitglied der freien Generation Reporter:innen. Wenn sie nicht gerade über die Filme und Hintergründe des Generationprogramms schreibt, singt sie im Chor und verschlingt ein Buch nach dem anderen. Nebenbei studiert sie auch im Master Ernährungsmedizin in Lübeck.

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