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Kritik

Love musik, hate fascism!

Am 30. April 1978 demonstrieren hunderttausend junge Menschen gegen den zunehmenden Rassismus in England. In einem Protestmarsch vom Trafalgar Square zum Londoner Victoria Park setzen sie ein Zeichen gegen die rechtsextreme Szene. Punkbands wie „The Clash“ oder „X-ray Spex“ treten auf und bestärken durch ihr Konzert die Jugendbewegung: Rock Against Racism (RAR) erreicht seinen Höhepunkt.Nach ihrem Kurzfilm „White Riot“, der bei der Berlinale Generation 2017 gezeigt wurde, vertieft Rubika Shah ihre dokumentarische Arbeit über die Londoner Protestbewegung in einem Feature-Film mit selben Titel. Es entsteht eine Collage aus Bild und Tonmaterial der 70er Jahre und aktuellen Interviews mit den Initiator*innen des Aufstands. „Es war mir wichtig die Menschen hinter Rock Against Racism zu zeigen.“...
Allgemein

Schau mir in die Augen, Kleines!

Eine Kritik oder vielleicht auch eher eine Reportage zu Kurzfilme 1 14+7 verschiedene Einblicke, 7 verschiedene Welten, Menschen, Charaktere und – 7 ganz verschieden Erzählweisen. In „Clebs“ gibt mir die Kamera einen Rahmen, in dem ich das Geschehen in einer Auffangstation für Hunde verfolge, im Bild still zeigt sie mir den Alltag der Tiere. „Panteres“ bleibt bei den beiden Protagonistinnen und fokussiert sich auf deren Erscheinung und Körper, nur ein Smartphone schafft es die Verbindung zwischen Zuschauer und Geschichte zu stören. „Grevilla“ zeigt mir in vielen Schnitten die verschiedensten Bilder, nicht nur von Gesichtsausdrücken, sondern auch von einer Kippah, Händen, Tattoos, sie wirken inszeniert. In „Black Sheep Boy“ ist die Erzählweise sehr extrem – in 2D animiert hält einen das Bil...
Kritik

„All Are Equal Before The Law“

Eine Kritik zu Palazzo Di Giustizia Wir befinden uns in einem Gerichtsgebäude in Italien, zwei Männer sind angeklagt, der eine wegen des Raubüberfalls einer Tankstelle, der zweite, der Besitzer der Tankstelle, weil er einen der zwei Diebe erschießt. Letzterer Fall wird an diesem Tag diskutiert, die betroffenen Männer haben beide ein Gesicht und eine Geschichte und vor allem haben beide Familie. Während die Täter durch ein Gitter im Gerichtssaal voneinander getrennt sind und nur mit Blicken kommunizieren können, so treffen die jeweiligen Töchter, Luce und Domenica, vor dem Saal direkt aufeinander. Luce ist noch sehr jung, ein Kind und ganz frei und frech und naiv und ohne wirkliches Verständnis für den Ernst der Lage. Sie zappelt auf ihrem Sitz, bringt einen Spatzen mit, der ihr ständig ent...
Kritik

Mein Leben in Deinen Händen

Auch ohne mein Vorwissen aus der Filmbeschreibung ist die Dringlichkeit der Situation von der ersten Minute an klar. Maryam (Sadaf Asgari) wird in Handschellen ins Fernsehstudio gebracht, für den Dreh fertig gemacht und muss warten. Warten auf eine Live-Übertragung, die über ihr Leben entscheiden wird. Denn nur die Tochter ihres verstorbenen Ehemannes hat die Fähigkeit, ihr zu vergeben und so vor der Hinrichtung zu retten, zu der sie wegen des anscheinlichen Mordes an ihrem Ehemann verurteilt wurde. Massoud Bakhshis Film Yalda, la nuit du pardon erzählt die Geschichte einer jungen Frau, die alles verloren hat und deren Leben nun zur Unterhaltung von 30 Millionen Menschen im Fernsehen genutzt wird. Inspiriert ist dieses Drama von einer echten Fernsehsendung, die 12 Jahre lang im Iran ausges...
Kritik

Lauscht dem feinen Klang der Sehnsucht

Verschlungen von den reißenden Fluten. Der Tsunami hat Haru alles genommen.
Ein verwaschenes Foto ist das Einzige, was ihr bleibt von ihrer für immer verschwundenen Familie.Haru hat keinen Halt, niemand schenkt ihr Sicherheit oder gar beständige Liebe. Schweigend wandelt sie ziellos umher.Als sie einmal all ihr Leid hinaus in die Welt schreit, fühlt sich das unglaublich roh und echt an.
 © 2020 The Phone of the Wind Film PartnersGespielt wird Haru von Serena Motola, die ihrer Rolle eine melancholische Schönheit und Tiefe verleiht.Wenn Haru spricht, lauscht man ihren Worten gebannt zu, so ordinär sie zunächst erscheinen mögen.Haru ist noch ein Kind, sie denkt wie ein Kind, weint wie ein Kind und leidet doch wie jeder andere Mensch auch.Trauer und Schmerz erfüllen ihre Seele.Ihr Geist ist ab...
Allgemein

Zwischen Aufständen und Spabesuchen

>> English versionHong Kong, der 28. Juli 2019. Schreie, Tränengas, Schüsse. Eins, Zwei, Rückzug von der Frontlinie, Vorstoßen. Wir befinden uns mitten in den Protesten und Aufständen Hong Kongs im letzten Sommer. In "Comrades" von Kanas Liu ziehen wir mit der Masse, verbergen uns hinter den Schutzschilden, sehen unsere Kameraden Kommandos schreien, in Bewegung bleiben, in Ohnmacht fallen, weggetragen werden. Alles ist chaotisch und angsteinflößend, aber dennoch organisiert und kontrolliert. 15 Minuten lang halte ich den Atem an, mein Herz rast und setzt gleichzeitig immer wieder aus.Es ist bedrückend. Unglaublich bedrückend, einen Tag der Hong Kong Aufstände so nah zu erleben. In meinem urlaubsgeprägten Juli habe ich zwar am Rande von der Situation mitbekommen, mich jedoch leider nicht a...
Kritik

Die Erklärung des Genozids in 90 Minuten?

Der Genozid in Ruanda im Frühjahr 1994 ist eines der schwersten Verbrechen der Menschheitsgeschichte.Innerhalb von nur sechs Wochen wurden knapp eine Million Menschen ermordet, nein, abgeschlachtet.Der Genozid war der Gipfelpunkt einer hundert Jahre andauernden Auseinandersetzung der Hutu und Tutsi.Vereinfacht gesagt regierte traditionell die Tutsi-Adelsklasse und ließ die Hutu für sich arbeiten.Doch erst später wurden die beiden großen Bevölkerungsschichten Ruandas als ethnisch unterschiedliche Bevölkerungsgruppen klassifiziert.
1897 wurde Ruanda nämlich kolonialisiert, und das ausgerechnet von Deutschland.Von 1916 bis 1962 übernahm Belgien die Kontrolle. Anschließend wurde Ruanda unabhängig, naja, quasi unabhängig.Denn der Einfluss der ehemaligen Kolonialherren setzte sich auf verheerend...
Kritik

In die Lüfte erheben

“She won’t notice, she just thinks about her own shitty life.” - eine Kritik zu „La déesse des mouches à feu“ Catherine, die von allen immer nur Cat genannt wird, hat das Leben mit ihren Eltern leid. Ständige Streitereien - sogar an ihrem Geburtstag - ein Wettkampf über ihre Zuneigung und körperliche Gewalt, das alles Tag für Tag. In der Schule kommt sie mit der Droge Meskalin in Kontakt, durch die ihr ein kurzzeitiges Entkommen aus ihren Gedanken und Problemen ermöglicht wird. Ein neuer Freundeskreis, erste Liebe, Gefühle von Akzeptanz und endlich keine Streitereien. Für Cat scheint die Meskalin-Szene ein Ausweg zu sein und rutscht so immer weiter in eine Sucht herein. „La déesse des mouches à feu“ wird geführt von zwei Strängen, die an Cats Leben ziehen. Auf der einen Seite die Zeit mit...
Kritik

Schrei es einfach raus

Verrat des Bruders, ungewollte Schwangerschaft und versuchter Selbstmord - das sind alles Themen und Handlungsstränge in Paradise Drifters, der mir trotz seines gut gewählten Titels nicht unbedingt gut gefallen hat. Es geht um 3 junge Erwachsene, die alle kein Geld haben und deren Wege sich kreuzen. Gemeinsam beschließen sie, nach Barcelona zu fahren. Das es aber bei einer Lauflänge von ca. 85 Minuten noch um viel mehr geht als, dürfte klar sein. Doch da der Film sehr viel erzählt und (zumindest am Anfang) die Geschichte von drei abgestürzten Erwachsenen gleichzeitig portraitiert, wirkt es an manchen Stellen so, als wäre er eine Aneinanderreihung von Kurzgeschichten aus dem Alltag dieser. Einen großen Teil dazu trägt der Schnitt bei, der anders als in den meisten Filmen viel mit Pausen (B...
Kritik

Die Flügel ausbreiten

Im Freibad, auf Partys, beim Abhängen und letztendlich auch im Unterricht - überall begleitet Nora (Lena Urzendowsky) ihre große Schwester Jule (Lena Klenke) und deren Freunde. Alles macht sie mit, um nicht die Berechtigung zu verlieren, dabei zu sein. Sogar ihre Hand wird ihr einmal bei einem Spiel gebrochen. Doch Nora kann nicht auf ewig nur die ”kleine Schwester” bleiben. Sie bekommt ihre Tage und entdeckt mit Romy (Jella Haase) ihre Sexualität. Mit Kokon erzählt Leonie Krippendorff die Geschichte einer Vierzehnjährigen, die erst noch zu sich finden muss, die ihre Grenzen und die der anderen testet, die zunächst dahinkriecht, sich dann verpuppt und als Schmetterling in die Welt zurückkehrt.Sommer 2018, Berlin, Kottbusser Tor. Als Berlinerin muss man mir kaum mehr Stichpunkte als diese ...